Adolf Hiendl


Hiendl_AdolfErinnerungen eines Architekten

Wie Adolf Hiendl nach der Handelsschule Karriere machte

Wenn Adolf Hiendl von seinem Haus in der Innstadt aus dem Fenster schaut, fällt sein Blick auf die Turnhalle des Leopoldinums gegenüber. Der Bau, mehr als 40 Jahre alt, angesichts der historischen „Nachbarschaft“ trotzdem jung, fügt sich in das Ensemble der Altstadt ein, ohne zu stören. Hiendl findet die Halle immer noch gut, er hat sie schließlich auch geplant. So wie mehr als 900 andere Projekte im Laufe seiner Karriere. Seit Anfang 2000 ist Adolf Hiendl rein beruflich betrachtet im Ruhestand. Davor war er als Architekt erfolgreich, als Privatmann sozial und gesellschaftlich engagiert.

Ein Fundament für diesen Erfolg war für Hiendl neben prägenden Erfahrungen im Elternhaus auch der Besuch der Handelsschule. Von 1948 bis 1951 war Adolf Hiendl dort Schüler. Damals wurde noch im Gebäude der heutigen Staatsbibliothek in der Michaeligasse unterrichtet. Mit rund 40 anderen Buben saß Hiendl damals in einer Klasse, sie kamen aus ganz Niederbayern. Die Ausstattung der Schule nach den Kriegsjahren war wenig feudal. Es gab keinen Physiksaal, keinen Chemiesaal. Wenn Hiendl an diese Schuljahre zurückdenkt, fallen ihm Strenge und Disziplin ein. „Rumflegeln“ gab es nicht“, sagt Hiendl. Er ging trotzdem gerne hin. Am liebsten hätte er das auch noch am Wochenende getan. „Wir haben die Lehrer oft gebeten, ob wir nicht auch da etwas unternehmen könnten“, erinnert sich Hiendl. Das lag an Persönlichkeiten wie Josef Gierster, Franz Scheigele und anderen, die Hiendl mit ihrer Art begeisterten und mitrissen. Peter Pratter war der prägende Pädagoge in der Volksschule.

Adolf Hiendls Stärken sind Mathematik und Wirtschaft und jede Art von Sport. Diesen Drang nach Bewegung hat er bis heute. Sein Schulgewicht von damals übrigens auch. Schon in der Handelsschule weiß Adolf Hiendl genau, was er will und was nicht. Er wird als achtes Kind von Anna und Josef Hiendl geboren und ist der Nachzügler der Familie. Die Eltern kamen aus Mitterfels und Plattling und haben sich schon in den 20er-Jahren in Passau einen Namen gemacht: Sie gründeten hier eine Firma für Orgelbau, eine Schreinerei und das Möbelhaus Josef Hiendl. Adolf Hiendl hat trotz der Wirren des Kriegs eine schöne Kindheit. Er wächst mit der Liebe und Fürsorge der Mutter und der unternehmerischen Umtriebigkeit des Vaters auf. Seinen Betrieb übernehmen will er aber trotzdem nicht. Das beschließt er schon mit 14 Jahren. Zu dieser Zeit fasziniert Adolf Hiendl das Zeichnen, am liebsten tut er das auf dem Nudelbrett als Unterlage, jeden Sonntag, nachdem es der Vater fein säuberlich geputzt hat. Er setzt sich zum Ziel Ingenieur zu werden und verfolgt das fortan konsequent. „Ich wollte etwas Eigenes haben“, erzählt Hiendl.

Mit 17 Jahren verlässt er die Handelsschule. Über zwei Vorsemester, entsprechend der heutigen Hochschulreife, kam er 1953 am Oskar von Miller-Polytechnikum in München Bauingenieurswesen und Architektur studieren. 1957 schließt er das Studium mit der Note 1,7 ab. Hiendl arbeitet in einem Ortenburger Architekturbüro, sammelt Erfahrungen in Schweden und der Schweiz, doch schnell drängt es ihn in die Selbständigkeit. Sie ist Reiz und Triebfeder für ihn. Der Kampf, die richtigen Ideen zu finden und für die eigene Leistung etwas zu bekommen, erscheint ihm Zeit seines Arbeitslebens spannend. Zudem ist es eine gute Zeit für Architekten: „Nach dem Krieg war die Zeit reif fürs Bauen“, sagt Hiendl. Sein Büro beschäftigt in den folgenden Jahrzehnten mitunter bis zu 18 Mitarbeiter. Mit ihnen verwirklicht er große Betriebsanlagen, Schulen, Sportanlagen oder Privathäuser in ganz Deutschland. Auch in Passau stehen viele Hiendl-Bauten: Die Tiefgarage am Römerplatz, das Feuerwehrhaus in der Innstadt, der Turm am Schanzl etc.

Neben seinem Beruf tanzt Adolf Hiendl auf vielen anderen Hochzeiten. Anfang der 70er-Jahre saß er sechs Jahre für die CSU im Stadtrat. Er war und ist Mitglied der Vertreterversammlung und in diversen Ausschüssen der Bayerischen Architektenkammer. Er war Vizepräsident der Freischaffenden Architekten Deutschlands (VFA). Wie seinen Beruf, liebt Adolf Hiendl auch die Geselligkeit. Er ist der geborene Vereinsmensch. 14 Jahre ist er Vorsitzender des Motorsportclubs im ADAC. Als solcher ruft er die MSC-Flohmärkte ins Leben. Die Erlöse von mehr als einer Million Mark werden für soziale Projekte im Rettungswesen in Stadt und Landkreis Passau verwendet. 1987 bekommt Adolf Hiendl für sein soziales Engagement das Bundesverdienstkreuz. Es ist nur eine Auszeichnung von vielen, aber die höchste. 12 Jahre ist Hiendl der Chef des Turnvereins 1862. In dieser Zeit gründete er die Volleyball-AH, die nächstes Jahr 40-jähriges Jubiläum feiert und deren Präsident er noch immer ist.

Adolf Hiendl ist bis heute neugierig auf die Welt: Er war in Tibet, in den USA, in Lappland. Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Erst kürzlich ist er von einer Motorradreise aus Slowenien zurückgekehrt. Ein Hobby, das er mit Freunden und seiner Frau Evelin teilt, mit der er seit zwei Jahren verheiratet ist. Die Wachau liebt Hiendl besonders, weshalb er 1995 den Freundeskreis Passau-Krems gründete. Heute ist er Ehrenpräsident des Vereins, geschätzt und bisweilen auch „gefürchtet“ als „Mischer“. Diesen Spitznamen hat er bekommen, weil er bei den gemeinsamen Unternehmungen immer darauf achtet, dass Österreicher und Deutsche nicht unter sich bleiben, sondern sich gegenseitig kennenlernen.

Aus der Ehe mit seiner ersten, bereits verstorbenen Frau Karin hat Hiendl eine Tochter und zwei Söhne. Stefan Hiendl wurde, wie sein Vater, ebenfalls Architekt. Adolf Hiendl ist mittlerweile mehrfacher Opa.

Mit 78 Jahren fühlt sich Adolf Hiendl noch immer fit und gesund. Neben dem Motorradfahren geht er auch gerne zum Golfen. Auf sein Leben, so ausgefüllt, dass es manchmal für zwei gereicht hätte, schaut er mit Dankbarkeit zurück.

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