Georg Höltl


Georg Höltl, Schüler der Städtischen Wirtschaftsaufbauschule von 1942 bis 1944, gründete mit 17 Jahren seinHöltl
eigenes Busunternehmen. Mit seinem Holzgas-Bus und dem Linienverkehr „Rappenhof-Tittling-Passau“ begann
eine außergewöhnlich erfolgreiche Unternehmerkarriere. Ab 1950 erfolgten Auslandsreisen, zunächst mit den
Reiseunternehmen „Höltl-Auto-Reisen“ und „Pax Christi-Reisen“, ab 1959 schließlich mit den „rollenden Hotels“.
Die sehr erfolgreichen Rotel Tours sind nach wie vor weltweit einzigartig und mit 3800 Betten auf Rädern eine
touristische und logistische Pionierleistung ersten Ranges.

Bereits 1968 ließ Georg Höltl innovative Kabinenhotels patentieren, die zwar in Deutschland abgelehnt, weltweit
aber zum Erfolgsmodell wurden. Große Kabinenhotels mit Tausenden von Betten findet man heute in Japan, Korea und China.

Es folgten 1973 die Eröffnung des Ferienhotels Dreiburgensee sowie die Gründung des Museumsdorfes Bayerischer Wald, das in die Liste national wertvoller Kulturgüter aufgenommen wurde. 1985 eröffnete Georg Höltl nach denkmalpflegerischer Renovierung das Hotel Wilder Mann in der Passauer Altstadt, ein Vorbild für die Altstadtsanierung in Passau. Eine weitere, weltweite Anerkennung erreichte Georg Höltl mit dem Glasmuseum Passau. 40000 Exponate dokumentieren hier europäische Glaskunst, Veredelungsbetriebe und Designer verschiedener Epochen, vom Barock über Jugendstil bis zur Moderne.

Ein Lebenswerk, das seinesgleichen sucht.

Herr Höltl erinnert sich:

1942 -1944: Städtische Wirtschaftsaufbauschule – Handelsschule Passau:

Unsere liebe Mutter, immer vorsorgend für uns vier Kinder, schickt uns in den Kriegsjahren 1942 – 1944 in die Städtische Wirtschaftsaufbauschule nach Passau. Mein Bruder Willi und ich sind in der Volksschule Rappenhof immer die Klassenbesten. „Für Passau reicht das nicht“, meint unsere Mutter und schickt uns 1941 zur Vorbereitung ein Jahr in die Passauer Altstadtschule und erst dann in die Städtische Wirtschaftsaufbauschule Passau.

Mein Bruder wohnt bei unseren Knott Großeltern in Jacking, von dort hat er nur ein paar Minuten zum Bahnhof Tiefenbach – Passau. Ich komme zu unseren Höltl Großeltern nach Hof bei Tiefenbach, von dort habe ich auch nur 2 km zum Bahnhof.

Bei meinen Höltl Großeltern und Tanten in Hof bin ich herzlich aufgenommen, aber lernen wird nicht als Arbeit angesehen, so ist es selbstverständlich, dass ich in der Landwirtschaft mithelfe, beim Lernen die Kühe weide und an Wochenenden beim Viehfutterschneiden die Ochsen oft stundenlang am Göppel ziehe, damit sie nicht stehen bleiben. Gerne möchte ich abends noch lernen, aber um 20:00 Uhr gehen die Gaslichter aus. Ich bin oft ganz unglücklich und in tiefer Not. Mein Bruder kennt diese Probleme nicht, denn in Jacking ist Lernen anerkannt, dort gehen erst um Mitternacht die Elektrolichter aus. Ich bleibe ein Jahr bei meinen Höltl Großeltern am Hof, dann versuche ich es als Fahrschüler.

1942 bis 1944: Unsere Dampfzugfahrten von Witzmannsberg nach Passau:

Mein Bruder Willi will mich als Fahrschüler nicht allein lassen. Er will aber auch nicht, dass wir Jacking zu sehr belasten und zu zweit dort wohnen. So werden wir beide Fahrschüler unter extrem harten Bedingungen. Mit dem Linienbus von Tittling nach Passau dürfen nur Tittlinger Schüler fahren, die „Auswärtigen vom Rappenhof“ müssen den „Dampfzug Witzmannsberg – Passau“ nehmen. Böhmerwäldler, uniformierte Gruppen, Schüler, Bauersleute, Flüchtlinge, Soldaten und Verwundete sitzen im Zug. Verdunkelung, Kriegsbilder wie „Kohlenklau“ oder „Der Feind hört mit“ bleiben in Erinnerung.

Um 03:30 Uhr müssen wir schon aus dem Bett und von Rappenhof zum Dampfzug nach Witzmannsberg rennen, fast jeden Tag verschlafen wir. ln Kalteneck müssen wir meistens eine Stunde auf den überfüllten „Böhmerwaldzug Winterberg – Passau“ warten. Dann stehen wir im Zug bis Passau. Lernen im Zug ist nur schwer möglich. Zwischen 05:30 – 06:00 Uhr früh kommen wir todmüde am Hauptbahnhof in Passau an. Dann lernen im übervollen und lauten Wartesaal, bis um 8.00 Uhr die Schule beginnt. Eine ähnliche Strapaze erleben wir bei der Rückfahrt. Erst um 19:00 Uhr kommen wir heim.

Wir beneiden die Internatsschüler: Wir können nicht im Heim bleiben, weil unsere Eltern nicht das Geld haben. Wir schaffen diese Strapaze nur ein Jahr lang, dann geben wir auf. 1944 dürfen wir beide bei unseren Großeltern in Jacking bleiben. Jeden Montag muss jeder Schüler ein Stück Alteisen in die Handelsschule mitbringen. Das ist für uns kein Problem, denn jeden Tag laufen wir beim Schrotthändler Stümpfl vorbei. Dort ziehen wir ein Stück Eisen aus dem Schrotthaufen und bringen es in die Schule. Der Schrotthändler Stümpfl tut nichts dagegen, denn er weiß, er bekommt es wieder.

Verfolgungsjagd der Auerbacher Fahrschüler:

Die Auerbacher Fahrschüler haben wir in böser Erinnerung. Wir vom Land tun niemanden etwas, dennoch werden wir verfolgt. Die Auerbacher sind die Starken und wollen Raufereien. Wir schämen uns, melden unseren Eltern und Lehrern nichts und bleiben oft die Gejagten.

1943 sind wir in den Sommerferien zwei Wochen beim „Hopfenzupfen“ in Mainburg.

Mein Bruder und ich sind 1943 mit den Schulklassen zwei Wochen beim Hopfenzupfen in Mainburg. Ich bin erstmals so weit von zuhause weg. Gerne wäre ich bis München gekommen. Ich arbeite beim Winkler Bräu und mein Bruder bei irgendeinem Bauern. Täglich kommt der „große Winklerbräu“ hoch zu Ross auf das Feld. Er reitet, schwarz gekleidet, auf dem Rappen, braun gekleidet auf dem Braunen und weiß gekleidet auf dem Schimmel. Die Abschiedsfeier in der Mainburger Stadthalle ist grandios. Ein Passauer Handelsschüler-Hopfenzupfer komponiert ein Lied und singt es für einige hundert Schülerinnen und Schüler: „Mein Passau am herrlichen Donaustrand, mein Passau in herrlichen Zeiten.“ Da fangen viele zu weinen an, die Stimmung ist wohl ähnlich wie bei den Soldaten im entfernten Russland.

Die Städtische Wirtschaftsaufbauschule rettet mich vor „Russischer Kriegsgefangenschaft oder Tod“.

Im Januar 1945 kommen Offiziere in unser Reichsarbeitsdienstlager Wolkering und wählen zwei von den 220 Mann der Kompanie für die Motorsportschule. Ich bin einer von den 220 Mann, weil ich von der Städtischen Wirtschaftsaufbauschule komme und den Führerschein Klasse II für Schwerfahrzeuge besitze. Als einziger von den 220 Mann der Kompanie komme ich in die Motorsportschule. Ich darf die Ausbildung über Motor und Sport erleben und auch noch den Führerschein Klasse I für Motorräder aller Art machen. Alle meine 219 Kameraden vom Reichsarbeitsdienst Wolkering kommen am 15. Februar 1945 sofort zum Militär, werden bei Prag „dem Russen vorgeworfen“, fallen dort oder geraten in russische Gefangenschaft.

Im März 1945 wiederholt sich mein Riesenglück!

Ein Mann von den 220 Mann der Kompanie wird für die Schreibstube der Motorsportsschule gesucht. Ich melde mich und werde genommen, weil ich von der Städtischen Wirtschaftsaufbauschule komme und Maschinenschreiben kann. Zwei Mal habe ich das Glück, jeweils als einziger von 220 Mann für die Motorsportschule genommen zu werden, weil ich von der Städtischen Wirtschaftsaufbauschule komme. Ich bleibe beim Reichsarbeitsdient, komme nicht zum Militär, entgehe dem Schicksal „Russischer Kriegsgefangenschaft oder Tod“ und bin schon zum Kriegsende 1945 wieder zu Hause.

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